Ich hätte vorsichtig sein sollen, denn es jährte sich Tante Gertas Geburtstag zum siebenundneunzigsten Mal, und Tante Gerta war ein Drachen gewesen. So stand meine Reise nach den höheren Seychellen von Anfang an unter keinem guten Stern. Allein die öffentliche Speisung im Bezirksamt zu St. Barbancourt hatte ich eher widerwillig über mich ergehen lassen (es gab Büchsensuppe) und kaum hatte ich mich ins tönerne Buch der Stadt eingetragen, da musste ich auch schon weiter, um mich mit meinen Glaubensbrüdern der Kirche des Heiligen Hohnepips zu einer Prozession um den Schlanken Vierzipfel von Los Valientes zu treffen. Die Zeremonie selbst war eine Enttäuschung: Nicht einmal vierzehn nackte ungetaufte Jungfrauen waren aufzutreiben gewesen und die meisten Ministranten, denen die Auswahl geeigneter Kandidatinnen oblag, kamen mit einem blauen Auge oder noch schlimmer entstellt zurück zum Domvorplatz. Auch das Anfachen unseres Aal-Räucherofens wurde nicht vollumfänglich positiv aufgenommen.Ich versuchte gerade der eingetroffenen berittenen Polizei zu erklären, dass ohne den Ofen unsere Umzüge nicht mehr darstellen als ein albernes In-die-Menge-Rufen von Segenssprüchen und Gebetsfetzen, da kam schon der nächste Ärger auf: Die Blaskappelle, die unseren Pilgerweg mit dem Choral „Auf höchster Föhren Wipfel“ begleiten sollte, wurde gar nicht erst zum Dom durchgelassen. Die Bläser befolgten meinen Rat, das zu tun, was der Heilige Hohnepips in einer solchen Situation selbst getan hätte, aber auch das kam nicht gut an. Die wenigen Ehrengäste verweigerten die weitere Teilnahme an unserem Ritual und die Menge drohte, uns zu teeren und zu federn. Frustriert reiste ich ab und während des Rückflugs war mir, als wäre von irgendwoher Tante Gertas gehässiges Kichern zu vernehmen. Das Konto bei der Sparkasse zu Los Valientes wurde kurz darauf gepfändet und in unserem Gotteshaus ist jetzt ein Laden für Kurzwaren und Angelbedarf untergebracht. Das war es vor unserer Kirchengründung ja auch schon.

05/2018