Ich lag gerade unter einem Olivenbäumchen und freute mich der Mittagssonne, da landete Hubi, die Postgans, neben mir und zog die seit zwei Tagen überfällige Karte meines Ferngopartners aus der Ledertasche. Heho, Bruder Gans, was gibt's Neues in der Welt, begehrte ich zu wissen, berichte mir und wir nehmen heute Abend beim Kleewirt einen Humpen zusammen. Hubi antwortete: Wacker gesprochen, Gevatter! Die Erbsenpreise fallen wieder, sagen die Gelehrten, und der Herbst zieht schon mächtig übers Land. Außerdem hat König Furunkel seine älteste Tochter endlich verheiraten können und gibt ein Festbankett für den Landadel und die Innungsoberen aus der Hauptstadt. Uns mag das nicht betreffen, aber - nun senkte sich der Gänseschnabel verschwörerisch zu mir hernieder - man spricht von einer allgemeinen Begnadigung. Bis auf Diddl und Jorette sollen alle großen und kleinen Schurken aus den Kerkern gekehrt werden und das heißt... - ... selbst der Schweraussprechliche wird wieder sein Unwesen treiben, vervollständigte ich und verfiel in tiefes Grübeln, während mein Freund zum Abschied die Postmütze lupfte und sich dann in den weiten Himmel erhob. Der Schweraussprechliche... murmelte ich. Wir hätten ihn damals am nächsten Windmühlenflügel aufknüpfen sollen... Andererseits: Mit wem hätte ich Ferngo spielen sollen? Und seitdem außerdem der Wind kaum mehr weht, wurden fast alle Mühlen abgebaut und durch Hundestudios und Kosmetiksalons ersetzt. Selbst vor unserem kleinen Land macht die stetige Veränderung nicht halt. Nachdenklich machte ich mich auf den Weg nach dem Kleewirt. Anderswo gab es schon elektrische Galgen.

10/2019